Rückforderungsrisiken

Rückforderungsrisiken

Sozialversicherungsbeiträge

§ 28 g SGB IV statuiert einen Anspruch des Beitragsschuldners gegen den Scheinselbständigen auf den von ihm bei richtiger Behandlung  zu tragenden Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (sog. Arbeitnehmeranteil). Allerdings kann dieser Anspruch grundsätzlich nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den nächsten drei Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur, wenn der Abzug ohne Verschulden des Beitragsschuldners unterblieben ist oder der Beschäftigte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ausnahmsweise alleine tragen muss (vgl. §§ 249 ff. SGB IV).  Unterbleibt – wie üblich – ein Beitragsabzug wegen beiderseitigem Rechtsirrtum, ist dies wegen der Statusklärungsmöglichkeiten (§§ 7 a, 28 h SGB IV) grundsätzlich fahrlässig und nicht schuldlos, so dass ein Einbehalt durch den Auftraggeber über die genannte Drei-Monats-Frist hinaus meist nicht möglich ist . Im Übrigen ist darauf zu achten, dass der Abzug nur zulässig ist, soweit das Entgelt der Pfändung unterliegt.

Beispiel: 
Der Auftraggeber wird zur Nachzahlung für den Zeitraum ab 2019 in Höhe von 80.000,00 Euro herangezogen. Darin enthalten sind Arbeitnehmeranteile in Höhe von 30.000,00 Euro. Ist der Scheinselbständige nicht mehr für den Auftraggeber tätig, scheidet bereits aus diesem Grund ein Regress aus. Aber selbst wenn das Beschäftigungsverhältnis fortgesetzt wird, kann der Auftraggeber die 30.000,00 Euro nur im Rahmen der nächsten drei Gehaltsläufe nach Erhalt des Nachzahlungsbescheides einbehalten und auch das nur, soweit hierdurch die Pfändungsfreigrenze des Betroffenen nicht berührt wird. Im Ergebnis wird der Auftraggeber - wenn überhaupt - daher nur einen Teil seines "Schadens" erstattet bekommen.

Vergütung

Nach der Rechtsprechung des BAG  kann der Auftraggeber unter Umständen die Rückzahlung überzahlter Vergütung verlangen, wenn der Arbeitnehmerstatus eines Scheinselbständigen nachträglich festgestellt wird. Denn wenn beide Parteien bei Beginn der Zusammenarbeit von dem Problem der Scheinselbständigkeit gewusst und (richtigerweise) statt des gewählten Auftragsverhältnisses ein "normales" Arbeitsverhältnis begründet hätten, wäre der Vergütungsanspruch des Scheinselbständigen meist niedriger vereinbart worden.

Beispiel: 
Die Parteien schließen einen Freien Mitarbeitervertrag mit einer Vergütung von 45,00 Euro/Stunde. Mit dem Scheinselbständigen vergleichbare Arbeitnehmer des Auftraggebers erhalten nur ein Gehalt von 25,00 Euro/Stunde. Hätten die Parteien gewusst, dass auch ihr Vertragsverhältnis eigentlich ein Arbeitsverhältnis ist, spricht viel dafür, dass sie sich ebenfalls nur auf eine Vergütung von 25,00 Euro/Stunde verständigt hätten. Kann sich der Scheinselbständige nicht auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, läuft er Gefahr, dass er dem Auftraggeber die zuviel erhaltene Differenz (20,00 Euro/Stunde) erstatten muss.
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